Mit diesem kurzen Interview möchten wir Euch das Awareness-Team der Women in events D.A.CH. noch etwas genauer vorstellen. Das sind ihre Geschichten und damit möchten wir Euch zeigen, dass auch wir mit den gleichen oder ähnlichen Themen und Krisen zu tun haben oder hatten wie Ihr vielleicht gerade. Ihr seid also nicht allein! Eine Erkenntnis, die sowohl Caro als auch Kerstin zwar nicht konkret aus ihrer Krise geholfen hat. Aber zu wissen, dass es da draußen – oder in unserer Community – Frauen gibt, die Ähnliches erlebt haben, tröstet einfach und gibt vielleicht ein Fünkchen mehr Kraft.
10 Fragen an Caro

1. Women in events: Lass uns Dich etwas genauer kennenlernen: Was genau machst Du heute beruflich und wie würdest Du Dich in zwei Sätzen beschreiben?
Caro: Seit September 2021 bin ich Head of Sales bei der VILA VITA Marburg und verantworte dort alle Vertriebsaktivitäten für den Standort Marburg.
2. Wie hast Du 2018 gemerkt, dass etwas mit Dir nicht stimmt?
Damals habe ich das leider nicht selbst gemerkt. Wenn ich heute auf das Jahr zurückschaue, kann ich etliche Situationen schildern, bei denen heute meine Alarmglocken angehen würden. Ab August 2018 wurde ich physisch sehr krank und mein Körper hat nicht mehr funktioniert. Etliche Arztbesuche später (Röntgen, MRT, Ultraschall, Blutabnahme) bin ich Ende November bei meiner Hausärztin weinend zusammen gebrochen und sie hat mich direkt beruflich aus dem Verkauf gezogen
3. Inwieweit hat Dich diese Situation in Deinem beruflichen oder auch privaten Alltag beeinflusst?
Sehr. Rückblickend habe ich das ganze Jahr 2018 nicht mehr richtig funktioniert. Wenn es keiner im Büro gesehen hat, habe ich kurz die Augen zugemacht und mir liefen direkt die Tränen. Wenn ich das Jahr in einem Wort beschreiben müsste, dann ist es “Erschöpfung”. Am Wochenende habe ich in der Regel nur auf dem Sofa gelegen und geschlafen. Wenn ich dann mal mit Freunden verabredet war, war es ein richtiger Kraftakt, vor die Tür zu gehen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt auch einen Menschen in meinem Leben, der mir noch mehr Energie geraubt hat, als mir welche zu geben. Ich habe es aber nicht geschafft, mich von ihm zu lösen. Zudem wussten meine Eltern auch nicht weiter, weil sie mich so nicht kannten.
4. Wie ging es für Dich weiter? Wer hat Dir in dieser Situation geholfen?
Meine Hausärztin war damals meine Rettung. Die ganzen physischen Beschwerden wurden einfach nicht besser. Mal waren es zwei Wochen lang höllische Kopfschmerzen. Zwei weitere Wochen hatte ich so starke Bauchschmerzen, dass ich nichts mehr essen konnte. Meine Haare sind mir ausgefallen, meine linke Hand hat permanent gezittert und mein Nacken war maximal verspannt. Nach der Facharzt Odyssee saß ich erneut bei meiner Hausärztin und habe nur noch geweint und ihr meine Situation geschildert. Sie hat sofort reagiert, mich krankgeschrieben und eine Aufnahme in eine psychosomatische Klinik veranlasst. Das war meine letzte Rettung.
5. Was waren für Dich in dieser Zeit die größten Herausforderungen, mit denen Du gekämpft hast?
Ich wollte schnell wieder gesund werden. Doch diese Krankheit hat Zeit gebraucht. Sehr viel Zeit. Zudem wusste ich nicht, wie es beruflich weitergehen sollte. Ob ich in den Beruf noch zurückgehen möchte. Mir war klar, dass ich zu diesem Arbeitgeber nicht zurückgehen werde, aber schaffe ich noch einmal so ein Hamsterrad? Damals war es auch herausfordernd, dass ich zu vielen Leuten den Kontakt abgebrochen habe. Heute bin ich sehr froh, dass ich mich von Menschen lösen kann, die mir nicht gut tun und die nur eine oberflächliche Freundschaft zu bieten haben.
6. Wie lange hat es gedauert, bist Du das Gefühl hattest, aus dieser Krisensituation heil herausgekommen zu sein?
Das Gefühl hatte ich an meinem Geburtstag, dem 10. November 2019. Also fast ein Jahr nach meiner ersten Krankschreibung. Ich habe akzeptiert, dass ich nicht mehr so belastbar bin, wie ich es früher mal war. Hatte aber auf der anderen Seite wundervolle Menschen um mich herum, die damals meinen Geburtstag mit mir gefeiert haben. Das war das größte Geschenk. Heute will ich auch nicht mehr 12 Stunden am Tag arbeiten.
7. Rückblickend auf Deine persönliche Krise: Was, meinst Du heute, hat Dich in diese Krise hineingeführt?
Eine schwere Krankheit innerhalb meiner Familie. Im Beruf immer höher, schneller und weiter zu wollen. Und irgendwann habe ich das große Ganze aus den Augen verloren und den falschen Menschen vertraut.
8. Was hast Du aus der damaligen Zeit mitgenommen oder was hast Du nachhaltig für Dich verändert?
It is just a job. Ich arbeite total gerne und meine Leidenschaft gilt der Hospitality Industry. Allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt. Mein Privatleben ist mir heilig (geworden) und ich genieße es sehr, dass ich nicht mehr fremdbestimmt bin.
9. Sind Menschen aus der Veranstaltungsbranche ggf. besonders gefährdet, in einen massiven Erschöpfungszustand zu kommen?
Grundsätzlich würde ich die Frage mit Ja beantworten, allerdings denke ich, dass es dafür keinen bestimmten Beruf braucht. Gerade wir Frauen sind prädestiniert dafür, es allen und zu jeder Zeit recht machen zu wollen. Sei es die Vereinbarkeit von Job und Familie, Pflege eines schwerkranken Familienmitglieds, Ehrenamt und so weiter.
10. Was sind Deine drei wichtigsten Tipps an Menschen, die sich gerade in einer ähnlichen Situation wie Du 2018 befinden?
1. Ihr seid nicht allein! Holt euch Hilfe! Und wenn ihr erstmal nur reden wollt, sprecht mit Menschen, die bereits in einer ähnlichen Situation waren.
2. Nehmt das ernst. Eine Erschöpfung ist kein normaler Zustand und geht mit einer Woche Urlaub am Strand nicht weg. Trust me. Ich hab das probiert.
3. Durchhaltevermögen. In Verbindung mit einer Erschöpfung ist dieser Tipp vielleicht nicht das, was man hören will. Der Prozess zur Heilung ist allerdings sehr lang, enthält einige Höhen und Tiefen, aber am Ende des Tages geht man definitiv als Sieger vom Platz.
So kommst Du in direkten Kontakt mit Caro und Kerstin | E-Mail: help@women-in-events.de