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Annette Lindstädt

Co-Gründerin und -Inhaberin der Online-Event-Agentur „Lindmanns Lebendige Online-Veranstaltungen“, die sie 2020 mit ihrer Geschäftspartnerin Tanja Schürmann gründete. Seit 2003 ist sie selbstständige Beraterin, Konzeptionerin und Workshop-Geberin für Unternehmenskommunikation und E-Learning.


Women in events D.A.CH.: Was genau machst Du heute beruflich im Veranstaltungsbereich?

Annette: Wir sind mit Lindmanns in der Mission unterwegs, Online-Veranstaltungen lebendiger und besser zu machen. Als Spezialagentur begleiten wir Unternehmen, Verbände und Institutionen bei der erfolgreichen Durchführung von Online- und hybriden Events – von der Veranstaltungskonzeption über Eventmanagement, Bereitstellung und Einrichtung der notwendigen Technik, Support vor und während der Veranstaltung bis zur Nachbesprechung. Oder eben nur punktuell in einzelnen Phasen dieses Prozesses. Wir begleiten vor allem Veranstaltungen, bei denen es um den persönlichen und fachlichen Austausch geht, von der intensiven Teamsitzung über die Mitgliederversammlung mit Online-Wahl bis zur mehrtägigen wissenschaftlichen Konferenz mit Hunderten von Teilnehmenden. 

Wie bist Du dahin gekommen, was Du heute machst? Hast Du eine gezielte Ausbildung absolviert (wenn ja, welche) oder bist Du Quereinsteigerin?

Ich bin Quereinsteigerin – nach dem Studium (Anglistik, Italienisch, VWL) landete ich eher per Zufall im E-Learning, was mich aber sofort faszinierte – und so zogen sich das Lernen und Kommunizieren über Distanz fortan wie ein roter Faden durch meine Berufstätigkeit, sowohl als Angestellte wie auch später als Selbstständige. Funktional war ich immer im Business Development, Projektmanagement und Marketing tätig, wozu zumindest als Teilbereich auch häufig das Eventmanagement gehörte, wie etwa die Organisation von Seminaren, Besuchsprogrammen oder Pressegesprächen. 2003 machte ich mich in der Unternehmenskommunikation selbstständig und beriet und unterstützte Unternehmen mit Konzeption, Text, Workshops und Beratung rund um Unternehmenskommunikation und E-Learning. 

Seit 2012 war ich Teil des Orgateams einer großen Fortbildungsveranstaltung unseres Berufsnetzwerks – dort lernten Tanja und ich uns kennen. Als die Präsenzveranstaltung 2020 pandemiebedingt ausfallen musste, konzipierten wir sie online neu und merkten, dass wir da etwas können, was gerade gebraucht wird. So gründeten wir Lindmanns als Spezialagentur für Online-Veranstaltungen. Bis heute (Ende 2022) haben wir über 100 Veranstaltungen jeder Größe begleitet und bieten auch Schulungen und Workshops rund ums Thema an.

Warum hast Du Dich seinerzeit für diesen Beruf und diesen Weg entschieden?

Zu Beginn von Lindmanns wollten wir die anfragenden Unternehmen und Institutionen nur beraten, wie sie Online-Veranstaltungen konzeptionell besser machen können. Doch dann wünschten sich die Kund*innen nach dem Beratungsgespräch immer auch die Umsetzung. Da wir zusätzlich zum kreativen und kommunikativen Background auch sehr gut im Strukturieren und im Projektmanagement sind, und außerdem Spaß an Technik und Tools haben, sagten wir an den passenden Stellen einfach Ja und wurden so zur Online-Veranstaltungsagentur.

Was begeistert Dich an Deinem Beruf?

Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich in mein aktuelles Business alles reinwerfen konnte, was ich jemals gemacht habe, mag und gut kann: Organisieren, Beraten, Technik scouten und bändigen, Erklären, Anleiten, kreative Konzepte entwickeln. Außerdem macht mich stolz, dass wir hauptsächlich Veranstaltende begleiten, die sich für wichtige Themen einsetzen und diese vorantreiben: Artenschutz, Menschenrechte, Gesundheit, Soziales usw. Und dass ich trotz Arbeit vom Heimbüro aus nicht mehr alleine arbeite, sondern eine wunderbare Geschäftspartnerin habe und ein klasse Team leiten darf. 

Welche fachlichen und persönlichen Voraussetzungen sind für Deinen Beruf  besonders wichtig und wie hast Du Dir diese angeeignet?

Ich sehe drei Kernvoraussetzungen, ohne die es nicht geht – und die wir auch von unseren Teammitgliedern erwarten:

  1. Kommunikation: In unserem Geschäft gestalten und pflegen wir die Beziehungen zu Auftraggebenden, zu Teilnehmenden, aber auch intern im Team ausschließlich remote. Das stellt nochmal höhere Anforderungen ans Kommunizieren, weil wir häufig nur schriftlich kommunizieren oder in Videocalls mit eingeschränkter Körpersprache und Mimik. Wir haben es mit sehr unterschiedlichen Zielgruppen zu tun – vom Menschenrechtsaktivisten bis zur Ministerin. Da ist Flexibilität unerlässlich. Mein Marketingbackground war und ist dabei in Sachen zielgruppengerechte Ansprache sehr hilfreich.
  2. Technikaffinität: Ich liebe Technik, Tools und alles, was damit zu tun hat. Als ich Mitte der 1990er meine erste E-Mail-Adresse bekam und die Vorläufer von Online-Foren entdeckte, war es um mich geschehen. Ich mag es sehr, neue Tools auszuprobieren und herauszufinden, wo sie uns weiterhelfen. 
  3. Zuverlässigkeit/Struktur/Organisation: Ich habe schon immer gern organisiert und kann es offensichtlich gut. Ich bin ein großer Fan von Learning by Doing, aber eine Weiterbildung in Projektmanagement hat mich damals zu Beginn meiner Berufstätigkeit aufs richtige Gleis gesetzt. 

Was alle diese Fähigkeiten eint bzw. die Grundlage dafür ist: Neugier und die Bereitschaft, sich ständig Neues anzueignen und sich darauf einzulassen, dass sich Rahmenbedingungen laufend ändern können. Ohne eine große Lern- und Anpassungsbereitschaft wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.

Welche Eigenschaften sind für „Neue“ in unserer Branche von Vorteil?

Im Grunde die in der vorigen Antwort genannten: exzellente Kommunikationsskills, ein hoher Grad an Strukturiertheit und Organisation, Affinität zu Tools und Technik sowie Lernbereitschaft als Grundhaltung. Außerdem ist Service- und Kundenorientierung wichtig – denn es geht ja immer darum, Bedürfnisse und Ziele der Veranstaltenden zu ermitteln und so umzusetzen, dass deren Ziele auch erreicht werden. Nicht nur, wer mit der Selbstständigkeit liebäugelt, braucht außerdem Beharrungsvermögen und Resilienz, wenn es mal nicht so läuft. Eigenverantwortung und Mut verlangt es sowieso. 

Wie hat sich für Dich der Veranstaltungsbereich oder auch Dein direkter Bereich in den letzten 5- 10 Jahren verändert?

Ich bin ja erst seit 2020 dabei, daher kann ich dazu nur das Offensichtliche sagen: Die Pandemie hat die Veranstaltungsbranche natürlich ordentlich durcheinandergewirbelt. Die Besonderheiten des Veranstaltens über Distanz stellen ganz neue Anforderungen an Veranstaltende und Dienstleistende. In unserem Spezialgebiet der Online-Veranstaltungen haben sich die Ansprüche der Kundschaft aber auch schon während dieser Umbruchphase ziemlich verändert:

2020: Hilfe, ich musste meine Präsenzveranstaltung absagen, geht das überhaupt online?

2021: Das klappt ja inzwischen ganz gut mit den Online-Veranstaltungen – jetzt möchten wir sie noch besser machen.

2022: Können wir mal hybrid probieren? Und wie nutzen wir die Vorteile aus dem Online-Format sinnvoll?

Wie schätzt du die aktuelle Lage in unserer Branche ein, auf was müssen sich Kolleginnen und Kollegen einstellen, die jetzt in unserer Branche starten?

Die verschiedenen Formen – Präsenz, online und hybrid – werden sich besser verzahnen müssen. Es ist nicht mehr „entweder Präsenz oder online“, sondern beides hat seinen Platz. Damit meine ich nicht nur das übliche hybride Format, bei dem Präsenz und online zur gleichen Zeit kombiniert werden. Das ist in der Regel sehr aufwendig und gerade für Austauschformate schwer zu realisieren. 

Durch den pandemiebedingten Digitalisierungsschub müssen jetzt auch Präsenzveranstaltungen besser werden. Denn die Teilnehmenden haben gemerkt, dass Online-Formate total praktisch und bequem erreichbar sind. Es braucht also wirklich attraktive Präsenz-Angebote, damit es sich für sie lohnt, sich die Zeit freizuschaufeln, ein Hotel zu buchen und sich auf den Weg zu machen. Gleichzeitig reicht es aber bei digitalen Angeboten auch nicht, einfach „Technik auf den Hof zu kippen“ und die Kundschaft damit alleine zu lassen. 

Ich glaube vielmehr, dass Veranstaltende bei ihren Konzepten nicht nur an einzelne Veranstaltungen, sondern in Serienformaten denken müssen. Damit meine ich seriell hybride Veranstaltungsformate, die für unterschiedliche Ziele und Bedürfnisse jeweils verschiedene Angebote schaffen – indem sie beispielsweise mit Online-Angeboten die Zeit zwischen Präsenzveranstaltungen überbrücken.

Man hört immer wieder, dass Berufsstarter mehr Wert z.B. auf Aspekte der Work-Life-Balance legen. Liegen die Ansprüche und Vorstellungen zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen zu weit auseinander?

Natürlich ist das Veranstaltungsgeschäft von Stress und harten Deadlines geprägt, machen wir uns nichts vor. Hier eine Balance zu finden ist nicht leicht, zumal die Agentur im Gesamtprozess der Veranstaltungsplanung häufig das letzte Glied in der Kette ist. Hier ist es – wie so häufig – eine Frage der Organisation und Kommunikation, wie man mit entsprechendem Vorlauf plant und das gegenüber Kundinnen und Kunden auch entsprechend durchsetzt.

Ich finde die Forderung nach mehr Work-Life-Balance absolut berechtigt. Die Haltung „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ unserer Generation (ich bin Boomerin 😉) ist zwar hilfreich, um ein Geschäft voranzubringen. Doch nicht selten führt sie in die totale Überlastung. Dass die jungen Generationen hierauf eine andere Sicht haben, finde ich gut. Denn sie zwingt uns dazu, umzudenken. Was sollte am Umdenken schlecht sein? Wer sich darauf nicht einlässt, wird perspektivisch keinen Nachwuchs mehr finden (siehe nächste Frage). 

Wie sollte sich unsere Branche entwickeln, damit sie für Nachwuchskräfte attraktiv bleibt?

Gerade in der Digitalisierung sehe eine große Chance der Branche, für den Nachwuchs attraktiv zu bleiben. Und zwar auf zwei Ebenen: 1. auf der des eigentlichen Geschäfts und 2. auf der des Arbeitens an sich. Das Geschäft ist durch die Pandemie digitaler geworden, auch Präsenzveranstaltungen kommen nicht mehr ohne kluge Tools aus und im Veranstalten über Distanz ist heute viel mehr möglich als noch vor 3 Jahren. Das könnte für den Nachwuchs attraktiv sein. 

Und bei der Organisation der Arbeit haben wir ja nun alle gelernt, dass auch remote fast alles funktioniert (wir bei Lindmanns arbeiten übrigens ausschließlich remote, treffen uns nur sehr sporadisch mal „in echt“, weil wir übers ganze Land verteilt sitzen). 

Flexible Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle sind unerlässlich, um das Veranstaltungsbusiness für junge Generationen spannend zu machen. 

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen, liebe Annette!
Team Women in events D.A.CH.

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